Marionettenmädchen


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GEGENWART

Du hast sie durchtrennt die porösen, fast unsichtbaren Fäden unserer Immer-noch-Verbundenheit, die Schnüre, an denen die Zeit nagte, denen die Spannkraft fehlte, die du nicht erneuern wolltest, weil es dir sinnlos erschien. Viel zu oft das WIR zu nichts gebraucht, auf Eis gelegt, begraben unter dem Berg von Alltagslast im Rausch der Highlighthast. Ein Hauch der Erinnerung an ein Glück vergangener Tage – immer noch spürbar.

 

VERGANGENHEIT

Du hast sie so oft tanzen lassen nach deinem Takt, auf deiner vorgeschriebenen Bahn. Es gefiel dir sie zu drehen, x-beliebig, mal langsam, mal schnell und dann plötzlich loszulassen – sie fallen zu lassen ins Nichts. Auch jetzt. Du siehst ihr zu, wie sie fällt – dein Marionettenmädchen. Diesmal ist es für immer. Du bemerkst, wie sie zusammensackt und es tut dir noch nicht einmal leid. Du findest es schön den Splittern ihres Selbst dabei zuzusehen, wie sie durch die Luft stieben und sich in einem Regen über sie ergießen. Du merkst nicht, dass einer davon auch dich trifft und dich erinnern wird, dass sie ein Teil von dir war. Du drehst dich um und gehst – mit unglaublicher, ungewöhnlicher, unmöglicher Leichtfüßigkeit – ohne noch einmal deinen Blick zu wenden.

 

ZUKUNFT

Ausgelassener Schmetterlingstanz über mir. Grashalme, die meine nackten Füße streifen. Intensiver Duft von blütenstaubgelb, walderdbeerrot und vergissmeinnichtblau. Grillen zirpen zum Froschkonzert. Das Blau bricht durch die Wolkendecke. Der erste Sonnenstrahl trifft mich – mitten im Gesicht, tanzt über meine Haut, holt mich auf seine ganz eigene Art sanftwarm zurück ins Leben. Fast ist es so, als ob du nie gewesen bist.

 

 

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